Interview 8

Jörg Schaarschmidt

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Jörg Schaarschmidt arbeitet in der Forschungsabteilung für Multiskalige Materialmodellierung und virtuelles Design am Karlsruher Institut für Technologie und gestaltet seit 4 Jahren die Plattform MaterialDigital mit. Er leitet mit Tilmann Hickel das Workflow-Team und ist Teil des Architektur-Teams. Nach seiner Promotion in den Lebenswissenschaften an der Universität Leipzig forschte er als Postdoc an der Universität Utrecht in den Niederlanden.

Was finden Sie an der Initiative MaterialDigital am spannendsten?

Für mich ist das Spannendste an der Initiative MaterialDigital die Zusammenarbeit verschiedener Fachgebiete zur Weiterentwicklung der Materialwissenschaften. Die Integration digitaler Technologien und die Entwicklung innovativer Werkzeuge im Rahmen der verschiedenen MaterialDigital Projekte steigern signifikant unsere Fähigkeit, Materialien besser zu gestalten und zu simulieren.

Worin sehen Sie die größte Herausforderung für die Initiative MaterialDigital?

Die größte Herausforderung für die Plattform sowie die geförderten Projekte der Initiative MaterialDigital besteht meines Erachtens darin, von einem traditionellen Ansatz zu wechseln, bei dem Lösungen einzeln entwickelt und am Ende veröffentlicht werden, zu einer gemeinschaftlichen Anstrengung, die die Community bereits während des Prozesses integriert. Diese Umstellung erfordert eine neue Denkweise, offene Kommunikation und gemeinsam genutzte Ressourcen, was eine erhebliche Hürde, aber auch eine enorme Chance für Innovation und schnellere Entwicklung darstellt.

Was würden Sie sich für die Digitalisierung in den Materialwissenschaften wünschen?

Ich hoffe auf eine Zukunft, in der die Digitalisierung einen nahtlosen Übergang von theoretischen Modellen zu praktischen Anwendungen ermöglicht und so die Entwicklungszeiten für neue Materialien erheblich verkürzt und zu einer nachhaltigeren Welt beiträgt.

Verraten Sie uns Ihr schönstes Erlebnis als Doktorand?

Während meiner Promotion in den Lebenswissenschaften hatte ich das Privileg, sehr eigenständig arbeiten zu dürfen, was zugleich eine Herausforderung darstellte. Ich forschte an den strukturellen Grundlagen der Aktivierung bestimmter Hormonrezeptoren. Es gelang mir, eine Methode zu entwickeln, um experimentell die räumliche Nähe zweier Rezeptorkomponenten nachzuweisen. Der lohnendste Moment meiner Forschung war, als nach wochenlanger intensiver Arbeit die Ergebnisse nicht nur die gesuchten wichtige Strukturinformationen lieferten, sondern auch die Durchführbarkeit meines neuen Ansatzes bestätigten. Mehr dazu kann im Paper entdeckt werden.

Was raten Sie jungen Wissenschaftler*innen?

Bleibe neugierig, traue dich, interdisziplinär zu lernen und unterschätze nie den Wert der Zusammenarbeit über Fachgebiete hinweg. Die heutigen Herausforderungen erfordern ganzheitliche Lösungen, an denen du mitwirken kannst.

Was ist Ihnen persönlich und als Forscher besonders wichtig in Ihrer Lebenswelt?

Für mich, sowohl persönlich als auch als Forscher, ist die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Achtsamkeit gegenüber unseren Ressourcen wichtig. Es geht darum, die Endlichkeit der von uns genutzten Materialien und Energie anzuerkennen. Wir müssen auf eine Zukunft hinarbeiten, in der die Materialwissenschaft, angetrieben durch digitale Werkzeuge und insbesondere durch die aktuellen Fortschritte auf dem Gebiet der KI, die Entwicklung nachhaltiger und innovativer Materialien drastisch beschleunigt. Diese Fortschritte sollten global zugänglich gemacht werden und Lösungen für einige der größten Herausforderungen wie Energie, Umwelt und Gesundheit fördern.